Insolvenzantrag

Das Wichtigste in Kürze:

  • Bei Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit müssen Kapitalgesellschaften einen Insolvenzantrag stellen.
  • Das Insolvenzverfahren ist stark formalisiert, es gibt einige Möglichkeiten für Schuldner, das Verfahren zu beeinflussen (z. B. die Insolvenz in Eigenverwaltung).
  • Es ist sehr wichtig, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen. Vorstände und Geschäftsführer machen sich strafbar und haften persönlich, wenn ein Insolvenzantrag zu spät gestellt wird.

Was ist ein Insolvenzantrag?

Mit dem Insolvenzantrag wird die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson Schulden nicht mehr bezahlen kann oder zu viele Schulden hat, stellt das Insolvenzverfahren einen strukturierten Weg dar, wie die Gläubiger jedenfalls teilweise ihr Geld erhalten. Außerdem verhindert das Insolvenzverfahren, dass solche Gläubiger ihr Geld erhalten, welche zuerst das Geld einfordern. Der Insolvenzantrag leitet ein solches Insolvenzverfahren ein.

  • Wer: Einen Insolvenzantrag kann zum einen der Schuldner selbst stellen. Bei insolventen Unternehmen ist die Geschäftsführung bzw. der Vorstand des Unternehmens dazu verpflichtet, einen Antrag zu stellen. Zudem können auch Gläubiger (z. B. das Finanzamt, Krankenkassen, Banken usw.) den Insolvenzantrag stellen.
  • Wo: Der Insolvenzantrag muss bei dem Amtsgericht gestellt werden, in dem der Schuldner seinen Sitz (bei Unternehmen) oder seinen Wohnort (bei Privatpersonen) hat.
  • Ziel: Das Insolvenzverfahren verfolgt das Ziel, die Forderungen der Gläubiger zu befriedigen. Wenn es dafür nützlich ist, kann auch das Ziel verfolgt werden, ein Unternehmen zu sanieren. Die Sanierung eines Unternehmens ist allerdings nicht das Hauptziel eines Insolvenzverfahrens.
  • Inhalt: Der Insolvenzantrag muss schriftlich gestellt werden. Neben dem Antrag, ein Insolvenzverfahren zu eröffnen, muss in dem Insolvenzantrag der Insolvenzgrund angegeben werden, außerdem muss der Insolvenzantrag eine Liste mit den Gläubigern und ihren Forderungen enthalten. Außerdem müssen in dem Antrag eine Vielzahl an Informationen über das Unternehmen angegeben werden (Antrag für juristische Personen).
  • Wann: Bei Unternehmen muss der Insolvenzantrag schnellstmöglich gestellt werden. Bei Überschuldung muss der Antrag spätestens nach sechs Wochen, bei Zahlungsunfähigkeit spätestens nach 3 Wochen gestellt werden, sofern ein Unternehmen insolvent ist.

Wann ist ein Unternehmen oder eine Person insolvent?

Die Insolvenz eines Unternehmens oder einer Person liegt vor, wenn ein Insolvenzgrund vorliegt. Es gibt drei Insolvenzgründe:

  • Zahlungsunfähigkeit: Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Unternehmen oder eine Person nicht mehr in der Lage ist, fällige Zahlungspflichten zu erfüllen. Wenn also eine Forderung erst in der Zukunft erfüllt werden muss, also noch nicht fällig ist, besteht keine Zahlungsunfähigkeit. Auch bezieht sich die Zahlungsunfähigkeit nur auf Geldforderungen. Wenn beispielsweise Ware nicht oder nur verspätet geliefert werden kann, führt dies nicht zur Insolvenz. Die Zahlungsunfähigkeit liegt erst vor, wenn die Liquiditätslücke „wesentlich“ ist. Deshalb reichen kurzfristige oder sehr geringe Liquiditätslücken nicht aus, um die Zahlungsunfähigkeit zu begründen.
  • Drohende Zahlungsunfähigkeit: Drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner in der Zukunft nicht in der Lage sein wird, Forderungen im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Als Beurteilungszeitraum gelten die nächsten 24 Monate. Wichtig ist, dass der Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit nur vom Schuldner selbst gestellt werden kann. Gläubiger können wegen drohender Zahlungsunfähigkeit keinen Insolvenzantrag stellen. Der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit gibt Unternehmen die Möglichkeit, frühzeitig das Unternehmen mit einem Insolvenzverfahren zu restrukturieren.
  • Überschuldung: Eine Person ist überschuldet, wenn die Schulden höher sind als die Verbindlichkeiten. Von diesem Grundsatz gibt es allerdings eine Ausnahme, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Diese Fortführungsprognose ist beispielsweise positiv, wenn das Unternehmen in nächster Zeit so viel Geld erwirtschaften wird, dass es in der Lage sein wird, alle Verbindlichkeiten zu decken. Nur bei juristischen Personen stellt die Überschuldung einen Insolvenzgrund dar.

Hinweis: Ob der Insolvenzgrund der Überschuldung vorliegt, wird zweistufig geprüft:

  • Fortführungsprognose: Zuerst wird geprüft, ob die Fortführung des Unternehmens in den nächsten 12 Monate wahrscheinlich ist.
  • Überschuldung: Liegt die Fortführungsprognose nicht vor, wird geprüft, ob die Schulden der Person durch das Vermögen gedeckt sind. Die Bewertung des Vermögens erfolgt nach Liquidationswerten, also dem Wert der Gegenstände, wenn sie einzeln veräußert werden.

Muss ein Insolvenzantrag gestellt werden?

Wenn ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet ist, ist die Geschäftsführung bzw. der Vorstand dazu verpflichtet, rechtzeitig einen korrekten Insolvenzantrag zu stellen. Kommt die Geschäftsleitung dieser Pflicht nicht nach, hat dies schwerwiegende Konsequenzen. Bei Privatpersonen besteht zwar nicht die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, es ist allerdings trotzdem sehr empfehlenswert, im Falle einer Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag zu stellen. 

Die genauen Konsequenzen, einen solchen Antrag nicht zu stellen, hängen davon ab, ob ein Unternehmen oder eine Privatperson Insolvenz anmelden muss:

  • Unternehmen: Wenn die Geschäftsleitung keinen Insolvenzantrag stellt, erfüllt dies den Tatbestand der Insolvenzverschleppung [interner Link]. Es handelt sich also um eine Straftat, die mit bis zu 3 Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Außerdem haften die Geschäftsführer und Vorstände persönlich, die durch den verspäteten Insolvenzantrag entstehen [interner Link].
  • Privatperson: Bei Privatpersonen kann ein zu spät gestellter Insolvenzantrag dazu führen, dass die Restschuldbefreiung versagt wird, § 290 Abs. 1 Nr. 4 InsO. Erforderlich dafür ist aber ein aktives Tun des Schuldners und, dass der verspätet gestellte Insolvenzantrag dazu geführt hat, dass die Befriedigung der Gläubiger beeinträchtigt wurde.

Was passiert, nachdem ein Insolvenzantrag gestellt wurde?

Das Insolvenzverfahren ist stark formalisiert und verfolgt das Ziel, die Ansprüche der Gläubiger bestmöglich zu erfüllen. Deshalb folgt das Insolvenzverfahren einem starren Ablaufplan:

  • Insolvenzantrag: Das Insolvenzverfahren beginnt damit, dass der Insolvenzantrag gestellt wird.
  • Prüfung: Mit Antragstellung beginnt die Prüfung des Insolvenzantrages durch das Insolvenzgericht. Das Gericht prüft dabei, ob die Voraussetzungen für das Insolvenzverfahren vorliegen. Die wichtigsten Voraussetzungen sind, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und ob ausreichend Vermögen besteht, um die Kosten des Verfahrens zu decken. Bei Unternehmen wird außerdem häufig ein vorläufiges Insolvenzverfahren durchgeführt. Das vorläufige Insolvenzverfahren verfolgt das Ziel, das Vermögen zu sichern, um zu verhindern, dass sich die Vermögenslage weiter verschlechtert, § 21 InsO
  • Eröffnung Insolvenzverfahren: Liegen die Voraussetzungen für ein Insolvenzverfahren vor, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren und es wird ein Insolvenzverwalter bestimmt, welcher das Insolvenzverfahren durchführt. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht die Kontrolle über das Unternehmen grundsätzlich auf den Insolvenzverwalter über. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird öffentlich bekannt gemacht.
  • Insolvenzverfahren: Anschließend melden die Gläubiger ihre Forderungen gegen den insolventen Schuldner an. Der Insolvenzverwalter prüft, ob die angemeldeten Forderungen bestehen und welches Vermögen besteht. Das Insolvenzverfahren verfolgt insgesamt das Ziel, die Ansprüche der Gläubiger zu befriedigen. Deshalb versucht der Insolvenzverwalter, das Vermögen zu sichern und anschließend zu veräußern oder anderweitig zu verwerten, um die Ansprüche der Gläubiger zu bedienen. Außerdem besteht während des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit, bestehende Verträge unter erleichterten Bedingungen zu beenden. Beispielsweise können Arbeitsverträge und Mietverträge mit einer Frist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Gläubiger haben im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine einflussreiche Position und können über die Gläubigerversammlung das Verfahren maßgeblich mitgestalten.
  • Vorgehen Insolvenzverwalter: Der weitere Ablauf des Insolvenzverfahrens ist sehr unterschiedlich. Teilweise wird das Vermögen veräußert, um mit dem Geld die Forderungen der Gläubiger zu bedienen. In anderen Verfahren stimmen die Gläubiger über ein einen Insolvenzplan ab, in dem beispielsweise eine Stundung der Forderungen oder die Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital vereinbart werden kann. 
  • Abwicklung: Das Insolvenzverfahren endet mit einem Schlusstermin bei Gericht und der Verteilung der Insolvenzmasse. Anschließend wird das Insolvenzverfahren aufgehoben. 

Während des Insolvenzverfahrens gibt es für den Schuldner einige Möglichkeiten, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen. Zum einen besteht die Möglichkeit, das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung durchzuführen. Dabei hat der Schuldner unter Aufsicht eines Sachwalters die Möglichkeit, das insolvente Unternehmen selbst weiterzuführen. Mit der Insolvenz in Eigenverwaltung und einem Insolvenzplan gelingt es häufig ein Unternehmen – jedenfalls teilweise – zu retten.

Häufig gestellte Fragen

  • Wann muss ein Insolvenzantrag gestellt werden?

    Ein Insolvenzantrag muss gestellt werden, wenn ein Unternehmen überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Der Insolvenzantrag sollte unmittelbar gestellt werden.

  • Was passiert, wenn ein Insolvenzantrag gestellt wird?

    Nachdem ein Insolvenzantrag gestellt wurde, prüft das Gericht zuerst den Antrag. Im Anschluss übernimmt grundsätzlich ein Insolvenzverwalter die Kontrolle über das Unternehmen.

  • Besteht eine Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen?

    Bei Kapitalgesellschaften (insb. der Aktiengesellschaft und der GmbH) besteht die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. Wird der Insolvenzantrag nicht gestellt, besteht das Risiko, eine Straftat zu begehen.

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