Insolvenzplanverfahren

Das Wichtigste in Kürze:

  • Das Insolvenzplanverfahren zielt auf den Abschluss eines “Vergleiches“, den Gläubiger und Schuldner im Rahmen einer Insolvenz schließen (sog. Insolvenzplan).
  • Es besteht sehr viel Gestaltungsspielraum hinsichtlich der möglichen Inhalte eines Insolvenzplans.
  • Mit einem Insolvenzplan endet das Insolvenzverfahren schneller und die Befriedigungsquote von Gläubigern ist im Durchschnitt höher.

Was ist ein Insolvenzplanverfahren?

Das Insolvenzplanverfahren erlaubt es Gläubigern und Schuldnern, bei einer Insolvenz Abweichungen von der Insolvenzordnung zu vereinbaren. Das Verfahren bei einer Insolvenz ist durch die Insolvenzordnung grundsätzlich vorgegeben, ohne den Beteiligten Abweichungsmöglichkeiten zu geben. Von diesem Grundsatz weicht der Insolvenzplan ab, der es Gläubigern und dem Schuldner ermöglicht, zu vereinbaren, wie vorgegangen werden soll. Wenn das Ziel besteht, einen solchen Insolvenzplan zu vereinbaren, spricht man vom Insolvenzplanverfahren.

Folgende Aspekte charakterisieren das Insolvenzplanverfahren:

  • Vergleich: Der Insolvenzplan ist ein Vergleich, den Gläubiger und Schuldner schließen, um das Insolvenzverfahren auszugestalten.
  • Abweichungen: Es ist zulässig und üblich, teilweise von der Insolvenzordnung abzweichen.
  • Verbraucher & Unternehmen: Das Insolvenzplanverfahren ist sowohl bei Verbraucherinsolvenzen als auch bei Unternehmensinsolvenzen möglich.
  • Sanierung: Im Gegensatz zum klassischen Insolvenzverfahren kann beim Insolvenzplanverfahren häufig der Erhalt des Rechtsträgers erreicht werden.

Wodurch unterscheidet sich das Insolvenzplanverfahren vom Regelinsolvenzverfahren?

Als Regelinsolvenzverfahren wird das klassische Insolvenzverfahren nach der InsO bezeichnet. Das Insolvenzplanverfahren unterscheidet sich in den folgenden Punkten von dem Regelinsolvenzverfahren:

  • Sanierung: Das Insolvenzverfahren verfolgt grundsätzlich das Ziel, die Ansprüche der Gläubiger zu erfüllen. Das insolvente Unternehmen zu erhalten, ist kein Ziel des Insolvenzverfahrens. Im Gegensatz dazu kann bei einem Insolvenzplanverfahren häufig das Unternehmen saniert werden, sodass es – jedenfalls teilweise – erhalten bleibt.
  • Verfahrensdauer: Das Insolvenzplanverfahren ist in den meisten Fällen deutlich schneller als das Regelinsolvenzverfahren. Abhängig von der Größe des Unternehmens und der Komplexität des Insolvenzplans kann das Insolvenzverfahren teilweise innerhalb von wenigen Monaten abgeschlossen werden.
  • Individuell: Die Insolvenzordnung ist recht starr in ihren Vorgaben und Abläufen. Das Insolvenzplanverfahren ermöglicht Abweichungen hiervon, indem Gläubiger die Möglichkeit haben, das Insolvenzverfahren individuell auszugestalten. Für Gläubiger hat das Insolvenzplanverfahren den Vorteil, dass die Befriedigungsquote im Durchschnitt höher ist. 

Wie läuft das Insolvenzplanverfahren ab?

Das Insolvenzplanverfahren stellt zwar eine Vereinbarung zwischen Schuldnern und Gläubigern dar. Das Insolvenzplanverfahren ist aber gleichzeitig Bestandteil des (formalisierten) Insolvenzverfahrens. Deshalb ist folgendes Verfahren üblich, um in einem Insolvenzplanverfahren vorzugehen:

  1. Planung: Der erste Schritt in einem Insolvenzplanverfahren besteht darin, zu evaluieren, ob das Insolvenzplanverfahren in der konkreten Situation überhaupt sinnvoll ist. Insbesondere für Unternehmen ist das Insolvenzplanverfahren in vielen Fällen sehr sinnvoll, da auf diesem Wege das Unternehmen gerettet werden kann. Ob das Insolvenzplanverfahren auch in Ihrem Einzelfall sinnvoll ist, muss im Einzelfall mit Beratern geprüft werden.
  2. Vorbereitung: Wenn sich für das Insolvenzplanverfahren entschieden wird, besteht der nächste Schritt darin, einen Insolvenzplan vorzubereiten. Wichtig ist dabei, dass der Insolvenzplan die Gläubiger und auch das Gericht überzeugen muss. Ohne die Zustimmung der Gläubiger kann ein Insolvenzplan nicht vereinbart werden. Deshalb ist es sinnvoll, sich mit den Gläubigern auszutauschen.
  3. Einreichen: Anschließend muss der Insolvenzplan bei Gericht eingereicht werden. Der Insolvenzverwalter oder der Schuldner können einen Insolvenzplan einreichen. Zuständig ist grundsätzlich das Amtsgericht am Sitz des insolventen Unternehmens bzw. bei Privatpersonen am Wohnort zuständig. Der Insolvenzplan kann erst eingereicht werden, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das Gericht nimmt eine Vorprüfung des Insolvenzplans vor, geprüft wird dabei, ob formelle Fehler bestehen, der Plan offensichtlich keine Aussichten auf Erfolg hat und ob die Ansprüche offensichtlich nicht erfüllbar sind.
  4. Stellungnahmen: Nach der Prüfung durch das Gericht wird der Insolvenzplan an die Gläubiger, den Betriebsrat, den Insolvenzverwalter usw. zugestellt.
  5. Abstimmung: Im nächsten Schritt findet eine Abstimmung über den Insolvenzplan statt. Stimmberechtigt sind alle Gläubiger, deren Rechte durch den Insolvenzplan berührt werden, sowie betroffenen Anteilseigner und sonstige betroffene Personen.
  6. Bestätigung: Nachdem der Plan von den Gläubigern angenommen wurde, muss er noch vom Gericht bestätigt werden, § 248 InsO. Hierbei stellen sich in der Regel keine Probleme.

Wenn der Schuldner seine Pflichten aus dem Insolvenzplan nicht erfüllt, haben die Gläubiger folgende Handlungsoptionen:

  • Vollstreckung: Gläubiger können ihre Forderungen aus dem Insolvenzplan direkt vollstrecken, § 257 InsO.
  • Wiederaufleben: Wenn der Schuldner auf eine zweiwöchige Nachfrist hin nicht zahlt, leben die ursprünglichen Forderungen wieder auf, § 255 InsO.

Wie wird über den Insolvenzplan abgestimmt?

Der Insolvenzplan muss von einer Mehrheit angenommen werden. Für die Abstimmung werden Gruppen gebildet. Innerhalb jeder Gruppe müssen Kopf- und Summenmehrheit vorliegen:

  • Anzahl: Es muss die einfache Mehrheit der bei der Abstimmung anwesenden Gläubiger zustimmen.
  • Summe: Innerhalb jeder Gruppe muss die Mehrheit der Forderungen zustimmen (Beispiel: A hat eine Forderung in Höhe von 1.000 €, B eine Forderung in Höhe von 100 € und C in Höhe von 2.000 €, A und B stellen eine Mehrheit der Gläubiger in ihrer Gruppe, aber sie haben weniger als 50 % der Forderungen der abstimmenden Gläubiger).

Bei der Gruppenbildung bilden Gläubiger mit gleichen wirtschaftlichen Interessen eine Gruppe. So gibt es beispielsweise eine Gruppe für sog. absonderungsberechtigte Gläubiger, zu dieser Gruppe gehören etwa Gläubiger, deren Forderung durch eine Grundschuld gesichert ist. Eine weitere Gruppe bilden die Anteilseigner. 

Grundsätzlich müssen alle Gläubigergruppen dem Plan zustimmen. Wenn nicht alle Gläubigergruppen zustimmen, kann das Gericht die fehlende Zustimmung einer Gläubigergruppe ersetzen, wenn diese drei Voraussetzungen vorliegen:

  • Keine Verschlechterung: Wenn die Mitglieder der Gruppe durch den Plan nicht schlechter stehen, als sie ohne den Plan stünden.
  • Teilhabe: Die Mitglieder der Gruppe müssen an dem wirtschaftlichen Wert, der durch den Plan entsteht, angemessen teilhaben.
  • Mehrheit: Die Mehrheit aller Gruppen muss dem Plan zugestimmt haben.

Hinweis: Innerhalb einer Gruppe müssen alle Gläubiger gleichbehandelt werden, § 226 InsO.

Welchen Inhalt hat ein Insolvenzplan?

Der Insolvenzplan besteht im Wesentlichen aus zwei Bestandteile:

  • Darstellender Teil: Der darstellende Teil des Insolvenzplans soll die Gläubiger, das Gericht und die Anteilseigner in die Lage versetzen, eine Entscheidung über den Insolvenzplan zu fällen. Deshalb wird zuerst die Situation des Unternehmens beschrieben und anschließend dargelegt, wie das Unternehmen konkret saniert werden soll.
  • Gestaltender Teil: Im gestaltenden Teil wird dargelegt, wie die Rechte der Beteiligten konkret geändert werden. So kann etwa dargelegt werden, welche Gläubiger konkret auf Forderungen verzichten sollen oder wie genau die Stundung der Forderungen ausgestaltet werden soll.

Die konkreten Gestaltungsmöglichkeiten, die in einem Insolvenzplan vereinbart werden können, sind sehr unterschiedlich. Dabei gilt, dass alle gesellschaftsrechtlich möglichen Maßnahmen zulässig sind, § 225a Abs. 3 InsO.

Folgende Maßnahmen sind im Rahmen von Insolvenzplänen üblich:

  • Debt-to-Equity: Die Umwandlung von Forderungen in Anteile (sog. Debt-to-Equity-Swap) erfolgt häufig im Rahmen von Insolvenzplänen.
  • Stundung: Bei der Stundung einer Forderung verlängert sich die Laufzeit eines Kredites.
  • Kürzung: Teilweise müssen Gläubiger auf einen Teil der Forderung oder auf Zinszahlungen verzichten.
  • Kapitalerhöhung: Manchmal kommt ein neuer Investor hinzu, sodass der Insolvenzplan eine Kapitalerhöhung enthält.

Vorteile vom Insolvenzplanverfahren

Das Insolvenzplanverfahren hat in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Folgende Gründe sprechen dafür, sich im Rahmen einer Insolvenz für ein Insolvenzplanverfahren zu entscheiden:

  • Individuell: Die Insolvenz kann nach den Vorstellungen der Gläubiger und Schuldner ausgestaltet werden, sodass Abweichungen vom Normalfall berücksichtigt werden könne.
  • Geschwindigkeit: Regelinsolvenzverfahren dauert im Durchschnitt deutlich länger als das Insolvenzplanverfahren.
  • Keine Verwertung: Es findet auf Antrag keine Verwertung des Vermögens statt, § 233 InsO.
  • Erhalt des Unternehmens: Das Unternehmen kann in der Regel jedenfalls teilweise erhalten werden.
  • Höhere Befriedigung: Aus Gläubigersicht spricht für das Insolvenzplanverfahren, dass im Durchschnitt die Befriedigungsquote höher ist als im Regelinsolvenzverfahren.

Häufig gestellte Fragen

  • Welchen Inhalt hat ein Insolvenzplan?

    Ein Insolvenzplan besteht im Wesentlichen aus zwei Bestandteilen. Zum einen aus einem darstellenden Teil, in dem die Lage des Unternehmens dargestellt wird, sowie aus einem gestaltenden Teil, in dem gezeigt wird, wie sich die Rechte der Beteiligten konkret ändern.

  • Was ist ein Insolvenzplanverfahren?

    Das Insolvenzplanverfahren gibt den Gläubigern und dem Schuldner im Rahmen der Insolvenz die Möglichkeit, mittels einer Vereinbarung von den Vorschriften der Insolvenzordnung abzuweichen.

  • Wie wird über den Insolvenzplan abgestimmt?

    Die Abstimmung über den Insolvenzplan  erfolgt in Gruppen. Bei der Gruppenbildung bilden Gläubiger mit gleichen wirtschaftlichen Interessen eine Gruppe. Innerhalb jeder Gruppe müssen Kopf- und Summenmehrheit für den Insolvenzplan vorliegen.

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