Überschuldungsbilanz

Das Wichtigste in Kürze:

  • Eine Überschuldungsbilanz stellt das Vermögen und die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft gegenüber.
  • Vermögenswerte werden anhand der Liquidationswerte bewertet, also welcher Preis bei einem Einzelverkauf jeweils erreicht werden könnte.
  • Eine Überschuldungsbilanz wird nur aufgestellt, wenn die Fortführungsprognose für eine Gesellschaft negativ ist.

Was ist die Überschuldungsbilanz?

Die Überschuldungsbilanz stellt das Vermögen und die Verbindlichkeiten einer Gesellschaft gegenüber. Wie in einer Bilanz üblich, wird auf der einen Seite der Bilanz das Vermögen (sog. Aktivseite) und auf der anderen Seite der Bilanz die Verbindlichkeiten dargestellt (sog. Passivseite). Das Ziel der Bilanz besteht darin, zu prüfen, ob das Vermögen der Gesellschaft die Schulden der Gesellschaft deckt.

Folgende Aspekte sind bezüglich der Überschuldungsbilanz zu berücksichtigen:

  • Stichtag: Auch die Überschuldungsbilanz wird stichtagsbezogen aufgestellt. Der Stichtag liegt notwendigerweise vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Deshalb werden Ansprüche, die sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergeben, in der Bilanz nicht berücksichtigt.
  • Aufstellen: Eine Überschuldungsbilanz wird aufgestellt, um zu prüfen, ob eine Gesellschaft überschuldet ist. Die Überschuldung einer Gesellschaft hat zwei Voraussetzungen, neben der Überschuldung muss auch eine negative Fortführungsprognose bestehen. Die Fortführungsprognose ist negativ, wenn die Gesellschaft in den nächsten zwölf Monaten nicht in der Lage sein wird, ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Deshalb wird eine Überschuldungsbilanz erst aufgestellt, wenn die Fortführungsprognose negativ ist.

Wie wird die Überschuldungsbilanz aufgestellt?

Die Überschuldungsbilanz wird unter der Annahme aufgestellt, dass das Unternehmen liquidiert wird. Entsprechend sind die Vermögensgegenstände unabhängig voneinander zu bewerten.

  • Liquidationswerte: Die Vermögenswerte der Gesellschaft sind deshalb anhand der Liquidationswerte zu bewerten. Das bedeutet konkret, dass die Vermögensgegenstände mit dem Wert anzusetzen sind, die sie bei einem Einzelverkauf hätten.
  • Kosten und Umsatzsteuer: Eine Bewertung nach Liquidationswerten bedeutet konkret, dass Kosten für den Verkauf der Vermögensgegenstände und auch eine anfallende Umsatzsteuer vom Veräußerungspreis abzuziehen sind.
  • Stille Reserven: Im Rahmen der Bewertung werden stille Reserven aufgedeckt. Stille Reserven entstehen, wenn Vermögenswerte einen höheren Wert haben als in der Bilanz angegeben. Wurde etwa ein Grundstück für eine Million Euro erworben, ist inzwischen allerdings 5 Millionen Euro wert, dann bestehen stille Reserven in Höhe von vier Millionen Euro. Im Rahmen einer Überschuldungsbilanz wäre das Grundstück mit einem Wert von 5 Millionen Euro anzusetzen.
  • Handelsbilanz: Die Ziele der Handelsbilanz und der Überschuldungsbilanz sind unterschiedlich. Während die Handelsbilanz einen Überblick über das Vermögen einer Gesellschaft geben soll, verfolgt die Überschuldungsbilanz das Ziel, zu schauen, ob das Vermögen der Gesellschaft ausreicht, um die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu decken.

Wie werden die Aktiva bei einer Überschuldungsbilanz bewertet?

Die Bewertung der Aktiva erfolgt in der Überschuldungsbilanz nach Liquidationswerten. Auf der Aktivseite der Bilanz sind dabei einige Besonderheiten zu beachten:

  • Ansprüche gegen Gesellschafter: Ansprüche der Gesellschaft gegen ihre Gesellschafter dürfen nur dann bilanziert werden, wenn sie jedenfalls teilweise durchsetzbar sind und die Gesellschaft bereit ist, die Ansprüche gegen ihre Gesellschafter durchzusetzen.
  • Geschäfts- & Firmenwert: Ein Geschäfts- oder Firmenwert ergibt sich aus der Differenz, die ein Käufer bereit ist, für ein Unternehmen zuzüglich zum Wert des Vermögens zu zahlen. Ein solcher Geschäfts- & Firmenwert kann sich etwa aus einer sehr bekannten Marke (z. B. bei Softdrink-Herstellern oder einem Autohersteller) ergeben oder der Fähigkeit, sehr hohe Renditen zu erwirtschaften. Ein solcher Geschäfts- und Firmenwert darf nur in die Überschuldungsbilanz aufgenommen werden, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, den Geschäfts- und Firmenwert zu verkaufen.
  • Immaterielle Vermögensgegenstände: In der Handelsbilanz dürfen selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände nur sehr eingeschränkt aufgenommen werden, § 248 Abs. 2 HGB. Diese Einschränkung gilt für die Überschuldungsbilanz nicht, sodass auch selbst geschaffene Marken oder Patente bilanziert werden.
  • Abschläge: Wenn das Bestehen einer Forderung zweifelhaft ist, bedeutet dies nicht, dass die Vermögensgegenstände gar nicht bilanziert werden dürfen. Vielmehr müssen Abschläge von den Forderungen abgezogen werden.

Wie werden die Passiva bei einer Überschuldungsbilanz bewertet?

Auf der Passivseite der Bilanz müssen alle Verbindlichkeiten aufgeführt werden. Die Fälligkeit der Bilanz ist für die Bilanzierung unabhängig. Folgende Besonderheiten sind bei der Bilanzierung auf der Passivseite zu beachten:

  • Verbindlichkeiten: Grundsätzlich sind alle Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Überschuldungsbilanz aufzuführen. Eine Besonderheit gilt für Verbindlichkeiten, die mit einem Rangrücktritt versehen sind. § 19 Abs. 2 S. 2 InsO gilt entgegen dem Wortlaut für alle Forderungen und nicht nur für Gesellschafterdarlehen. Deshalb werden Verbindlichkeiten, die einem Rangrücktritt unterliegen, nicht in der Überschuldungsbilanz aufgenommen.
  • Pensionsverpflichtungen: Grundsätzlich müssen auch Betriebsrentenansprüche, Pensionsverpflichtungen usw. mit dem Barwert in die Überschuldungsbilanz aufgenommen werden. Der Barwert ist der Wert, den die zukünftigen Verpflichtungen in dem Moment der Bilanzierung haben. Teilweise besteht bei Pensionsverpflichtungen die Möglichkeit, im Falle einer Krise die Ansprüche zu kürzen. Sollte eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit bestehen, muss eine solche Möglichkeit auch in der Überschuldungsbilanz angezeigt werden.
  • Kündbar: Verpflichtungen der Schuldnerin, die kündbar sind bzw. gekündigt werden können, sind nicht zu passivieren.

Es gibt auch eine Reihe an Forderungen, die nicht passiviert werden (müssen):

  • Insolvenz: Verbindlichkeiten und Verpflichtungen, welche bei Insolvenzeröffnung entstehen, müssen nicht bilanziert werden. Dies betrifft auch die Verfahrenskosten. Hintergrund ist, dass mittels der Überschuldungsbilanz geschaut werden soll, ob die Gesellschaft überschuldet ist und grundsätzlich in der Lage ist, ihre Verbindlichkeiten zu decken. Das Ziel der Überschuldungsbilanz besteht nicht darin, ob das Vermögen ausreicht, um jeden Gläubiger nach Ablauf des Insolvenzverfahrens vollständig zu bedienen.
  • Bestritten oder ungewiss: Bestrittene Forderungen oder Forderungen, die ungewiss sind, sind in der Höhe zu bilanzieren, in der eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist.
  • Gesellschafterdarlehen: Forderungen aus einem Gesellschafterdarlehen müssen nicht passiviert werden, wenn ein Rangrücktritt vereinbart wurde, der bei Gesellschafterdarlehen üblich ist. Liegt noch kein Rangrücktritt vor, ist der Rangrücktritt der Gesellschafter häufig einer der ersten Schritte, um eine Insolvenz zu verhindern.

Häufig gestellte Fragen

  • Wie wird die Überschuldung ermittelt?

    Die Überschuldung wird ermittelt, indem das Vermögen und die Schulden gegenüber gestellt werden. Die Überschuldung liegt vor, wenn die Schulden höher sind als das Vermögen.

  • Wie erfolgt die Bewertung bei der Überschuldungsbilanz?

    Das Vermögen wird bei der Überschuldungsbilanz nach Liquidationswerten bewertet. Es wird also geschaut, welcher Preis für die Vermögensgegenstände erzielt werden könnte, wenn sie einzeln verkauft würden.

  • Wann wird eine Überschuldungsbilanz aufgestellt?

    Die Überschuldungsbilanz wird aufgestellt, wenn die Fortführungsprognose negativ ist. Die Fortführungsprognose ist negativ, wenn die Gesellschaft in den nächsten zwölf Monaten nicht in der Lage sein wird, ihre Verpflichtungen zu erfüllen.

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