Das Wichtigste in Kürze:
- Eine Gesellschaft ist insolvent, wenn sie überschuldet oder zahlungsunfähig ist.
- Die Überschuldung kann dadurch abgewendet werden, dass das Vermögen steigt oder die Verbindlichkeiten sinken.
- Die Zahlungsunfähigkeit kann dadurch abgewendet werden, dass die liquiden Mittel der Gesellschaft erhöht oder fällige Verbindlichkeiten reduziert werden.
Wann ist ein Unternehmen insolvent?
Die Wege, um eine Insolvenz zu vermeiden oder abzuwenden, sind von dem Insolvenzgrund abhängig. Folgende Insolvenzgründe kommen bei einer juristischen Gesellschaft in Betracht:
- Überschuldung: Eine Überschuldung liegt vor, wenn die Verbindlichkeiten des Unternehmens das Vermögen übersteigen und eine negative Fortführungsprognose besteht. Die Fortführungsprognose ist negativ, wenn nicht davon auszugehen ist, dass das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten in der Lage sein wird, seine fälligen Verpflichtungen zu erfüllen.
- Zahlungsunfähigkeit: Ein Unternehmen oder eine Person ist zahlungsunfähig, wenn es oder sie nicht in der Lage ist, fällige Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Es ist erforderlich, dass mindestens 10 % der fälligen Zahlungspflichten für mindestens 3 Wochen nicht erfüllt werden können.
- Drohende Zahlungsunfähigkeit: Bevor die Zahlungsunfähigkeit eintritt, kann schon der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit vorliegen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn innerhalb der nächsten zwei Jahre zu erwarten ist, dass das Unternehmen nicht in der Lage sein wird, seine Zahlungspflichten zu erfüllen.
Bezüglich der drohenden Zahlungsunfähigkeit muss berücksichtigt werden, dass in einem solchen Fall keine Pflicht besteht, den Insolvenzantrag zu stellen.
Maßnahmen, um die Überschuldung abzuwenden
Ist eine Gesellschaft überschuldet bzw. droht die Überschuldung einer Gesellschaft, muss grundsätzlich das Verhältnis zwischen Vermögen und Verbindlichkeiten verbessert werden. Folgende Maßnahmen kommen dafür in Betracht:
- Kapitalerhöhung: Bei der Kapitalerhöhung investieren neue oder die bestehenden Gesellschafter in das Unternehmen. Die Überschuldung kann bereits durch die Beschlussfassung beseitigt werden, da der Beschluss einen Anspruch gegen die (neuen) Gesellschafter begründet. Wenn die Einlage geleistet wird, ist es wichtig, dass die Zahlungen auf ein Konto erfolgen, auf das die Gesellschaft zugreifen kann. Häufig wird die Kapitalerhöhung mit einem Kapitalschnitt kombiniert. Hintergrund eines solchen Vorgehens ist die Anpassung der Beteiligung des neuen Investors an die gewünschte Beteiligungsquote. Der schnellste Weg, die Kapitalerhöhung durchzuführen, ist eine Zuzahlung in die freie Rücklage.
- Debt-to-Equity-Swap: Eine spezielle Form der Kapitalerhöhung ist der Debt-to-Equity-Swap. Dabei werden Forderungen von Gläubigern in eine Kapitalbeteiligung umgewandelt. Bilanziell sinken durch einen solchen Schritt die Verbindlichkeiten, sodass die Überschuldung häufig abgewendet werden kann. Juristisch handelt es sich in der Regel um eine Kapitalerhöhung, bei welcher der bisherige Gläubiger seine Forderung gegen die Gesellschaft einlegt. Bei einem solchen Schritt ist eine rechtliche Beratung erforderlich, da für den neuen Gesellschafter das Risiko besteht, wegen einer zu geringen Einlage in Anspruch genommen zu werden (sog. Differenzhaftung). Aus ähnlichen Gründen birgt der Debt-to-Equity-Swap auch für Geschäftsführer erhebliche Haftungsrisiken.
- Harte Patronatserklärung: Bei einer harten Patronatserklärung verpflichtet sich eine Person, üblicherweise ein Gesellschafter, gegenüber dem Schuldner, diesen so auszustatten, dass der Schuldner in der Lage ist, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die harte Patronatserklärung beseitigt die Überschuldung, wenn und soweit damit die Fortführungsfähigkeit hergestellt wird. Dafür ist es zusätzlich erforderlich, dass die Leistungen des Patrons dauerhaft bei der Gesellschaft verbleiben. Entsprechend sollten bei der Vereinbarung Regressforderungen ausgeschlossen werden.
- Verlustausgleich: Eine Verpflichtung, Verluste auszugleichen, beispielsweise aufgrund eines Ergebnisabführungsvertrages, beseitigt eine Überschuldung ebenfalls, weil damit die Fortführungsfähigkeit hergestellt wird
- Verzicht: Ein einfacher Weg, die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu reduzieren, ist ein Forderungsverzicht. Allerdings führt ein Forderungsverzicht häufig zu einem steuerbaren Ertrag, der für die Gesellschaft nachteilig ist, da eine zusätzliche finanzielle Belastung entstünde. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass Sanierungsgewinne steuerfrei sind, § 3a EStG. Allerdings führt dies häufig zu schwierigen Fragen in der Praxis. Eine einfach handhabbare Alternative zum Forderungsverzicht ist deshalb der Rangrücktritt.
- Rangrücktritt: Ein Rangrücktritt führt dazu, dass Verbindlichkeiten nicht in der Überschuldungsbilanz aufgeführt werden müssen. Erforderlich ist dafür, dass die Voraussetzungen des § 39 Abs. 2 InsO erfüllt werden. Dazu gehört es unter anderem, dass die Forderung genau bezeichnet wird und der Rücktritt hinter alle gegenwärtigen und künftigen Forderungen erfolgt. Steuerrechtlich sind einige Besonderheiten zu beachten, weshalb eine rechtliche Beratung bei einem Rangrücktritt empfehlenswert ist.
Droht die Überschuldung eines Unternehmens (z. B. einer GmbH oder AG) kann auch ein Formwechsel vorgenommen werden. Haftet bei der neuen Gesellschaft (z.B. einer KG) eine natürliche Person unbeschränkt, entfällt die Pflicht, einen Insolvenzantrag zu stellen. Ein solches Vorgehen ist allerdings nur ausnahmsweise empfehlenswert.
Maßnahmen, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden
Ist eine Gesellschaft zahlungsunfähig, kommen mehrere Maßnahmen in Betracht, um die Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. Das Ziel der Maßnahmen besteht darin, kurzfristig – also innerhalb weniger Wochen – die Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft wiederherzustellen. Alle Maßnahmen haben entsprechend gemein, kurzfristige Zahlungseingänge zu bewirken:
- Darlehen: Der einfachste Weg, die Liquidität zu steigern, besteht darin, Darlehen aufzunehmen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Zinsen für kurzfristige, unbesicherte Kredite teilweise sehr hoch sein können.
- Verwertung: Es besteht die Möglichkeit, Gesellschaftsvermögen zu veräußern oder Forderungen der Gesellschaft einzutreiben. Eine Möglichkeit, die Liquidität zu steigern, ist der Verkauf und das anschließende Mieten von Anlagevermögen (z. B. einer Immobilie). Sog. Sale-&-Lease-Back-Geschäfte sind weit verbreitet und ein häufig anzutreffender Weg, um Investitionsausgaben (sog. CapEx) in Betriebsausgaben (sog. OpEx) umzuwandeln.
- Stundung: Ein weiterer schnell umsetzbarer Weg besteht darin, mit Gläubigern eine Stundung der Forderung zu vereinbaren. Nicht zielführend ist es, Forderungen schlicht nicht zu bezahlen, da dies nichts an der Zahlungsunfähigkeit ändert.
Soll der Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit kurzfristig abgewendet werden, sind grundsätzlich die gleichen Maßnahmen wie bei der Zahlungsunfähigkeit empfehlenswert. Vor dem Hintergrund, dass bei der drohenden Zahlungsunfähigkeit die Anmeldung der Insolvenz optional ist, stehen meistens langfristige Maßnahmen im Vordergrund.
Langfristige Maßnahmen
Neben den genannten kurzfristigen Maßnahmen, um die Insolvenz abzuwenden, ist es wichtig, zu prüfen, ob langfristige Anpassungen des Geschäftsmodells erforderlich sind. Entsteht die Zahlungsunfähigkeit etwa dadurch, dass Schuldner ihre Forderungen nicht bezahlen, kann es etwa sinnvoll sein, Forderungen strukturiert über das Factoring geltend zu machen. Dazu kann es auch sinnvoll sein, defizitäre Geschäftsbereiche zu restrukturieren oder einzustellen.
