Beratung von Gläubigern

Die Insolvenz des Vertragspartners stellt für auch für ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen ein mitunter hohes wirtschaftliches Risiko dar, das bis zu einem Totalverlust der eigenen Forderung führen kann. Wir helfen Ihnen, die potentiellen Risiken zu erkennen und erfolgreich zu minimieren. Auch wenn jeder Fall individuell zu betrachten ist, gibt es einige Grundlagen, die jeder Gläubiger beachten sollte.

Wir haben dies für Sie in drei Punkten aubereitet:

  1. Risikominimierung bei Vertragsgestaltung und Verhandlungsführung
  2. Gläubigerberatung bei Anzeichen einer Krise
  3. Gläubigerberatung bei einer (vorläufigen) Insolvenz eines Vertragspartners

1. Risikominimierung bei Vertragsgestaltung und Verhandlungsführung

Das potentielle Risiko von Forderungsausfällen bei einer Insolvenz des Vertragspartners sollte bereits bei der Vertragsgestaltung und Vertragsverhandlung bedacht werden.

Grundsatz: Leistung nur für Gegenleistung

Grundsätzlich sollte es vermieden werden, in Vorleistung zu gehen, also ohne Erhalt einer vollständigen Zahlung oder wenigstens einer Teilzahlung die eigene Leistung zu erbringen.

Es ist daher zweckmäßig, entweder An- und Abschlagszahlungen, d.h. in regelmäßigen Abständen und zu genauen Zeitpunkten zu leistende Teilzahlungen mit dem Vertragspartner zu vereinbaren. Die konkrete Ausgestaltung der Vertragsklausel hängt von dem jeweiligen Vertragstyp ab.

Aufnahme von Lösungsklauseln

Des Weiteren ist die Vereinbarung sog. Lösungsklauseln zu empfehlen. Wie das Wort „Lösung“ bereits ausdrückt, soll hierdurch für den Fall, dass Ihr Geschäftspartner mit den Zahlungen überwiegend in Verzug gerät bzw. seine Kreditwürdigkeit erheblich verringert wird, ein Rücktritt oder eine Kündigung des Vertrages und die unmittelbare Geltendmachung von Sicherungsrechten erheblich erleichtert werden. Die juristische Herausforderung hierbei besteht darin, dass nach der Insolvenzordnung eine solche Klausel grundsätzlich nicht an den Eintritt der Insolvenz des Geschäftspartners anknüpfen darf. Eine derartige Klausel wäre unwirksam. Es bedarf somit anderer Kriterien, die zu einer Lösung von dem Vertrag berechtigen, z.B. der Verzug mit mehreren vertraglich vereinbarten Zahlungen.

Absicherung durch die Vereinbarung von Sicherungsrechten

Ein effektiver Weg der Absicherung besteht darin, sog. Sicherungsrechte zu vereinbaren. Ein Sicherungsrecht gibt dem Gläubiger in der Insolvenz eine bevorzugte Rechtsstellung, d.h. er kommt mit seiner Forderung vor den übrigen (einfachen) Insolvenzgläubigern zum Zuge.

Die wichtigsten Sicherungsrechte in der Insolvenz des Vertragspartners sind:

  • der Eigentumsvorbehalt:
    Bei dem Eigentumsvorbehalt ist der Erwerb des Eigentums von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängig. Wird der Gläubiger zusätzlich in der Weise gesichert, dass ihm die künftigen Kaufpreisforderungen seines Kunden gegen dessen Käufer übertragen und/oder die Rechte an den unter Einsatz der gelieferten Waren hergestellten Produkte eingeräumt werden, spricht man von einem sog. verlängerten Eigentumsvorbehalt. Von einem sog. erweiterten Eigentumsvorbehalt ist die Rede, wenn der Eigentumserwerb über die Zahlung des Kaufpreises hinaus von dem Ausgleich sämtlicher Einzelforderungen in der Lieferbeziehung zu dem Kunden abhängig ist.
  • die Sicherungsübereignung:
    Bei diesem Sicherungsrecht erhält bzw. behält der Gläubiger zur Sicherung seiner Forderung das Eigentumsrecht an einer beweglichen Sache, z.B. einem Kraftfahrzeug. Der Kunde darf aufgrund gesonderter vertraglicher Abrede die bewegliche Sache in Besitz nehmen und benutzten, im Sicherungsfall, d.h. bei Fälligkeit der Gläubigerforderung und dem Ausbleiben der Zahlung durch den Kunden, darf der Gläubiger die Sache jedoch verwerten.
  • die Sicherungszession:
    Bei der Sicherungszession tritt der Kunde eigene Forderungen gegen Drittschuldner an den Gläubiger ab. Diese können im Sicherungsfall, d.h. bei Fälligkeit der Forderung und Nichtleistung durch den Kunden, durch den Gläubiger eingezogen werden. Sind alle Forderungen des Kunden in die Abrede einbezogen, spricht man von einer sog. Globalzession.
  • Grundschulden / Schiffshypotheken:
    Grundschulden sind dingliche Rechte, die zugunsten eines Gläubigers an Grundstücken, d.h. unbeweglichen Sachen, bestellt werden und in das Grundbuch eingetragen werden. Sie berechtigen den Gläubiger, im Sicherungsfall in das Grundstück des Schuldners zu vollstrecken. Grundpfandrechte werden besonders häufig zu Gunsten von Kreditinstituten bestellt, um Darlehensforderungen abzusichern.
    Für Schiffe, die in ein Schiffahrtsregister eingetragen sind, kann als spezielles Grundpfandrecht eine Schiffshypothek bestellt werden. Die Schiffshypothek stellt die Belastung eines Schiffes oder eines Schiffsbauwerkes in der Form dar, dass an denjenigen, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Verwertungserlös des Schiffes zu zahlen ist, damit eine dem Gläubiger zustehende Forderung befriedigt werden kann.

Es ist für den Gläubiger wichtig, die vertraglichen Sicherungsrechte wirksam zu vereinbaren. Insbesondere bei langjährigen Geschäftsbeziehungen sollte die Wirksamkeit entsprechender Vereinbarungen regelmäßig überprüft und diese bei Bedarf an den jeweiligen Stand der Gesetzgebung und Rechtsprechung angepasst werden. Dies betrifft u.a. die Vereinbarung von Eigentumsvorbehaltsrechten in Allgemeinen Geschäftsbeziehungen. Bei der Verwendung Allgemeiner Geschäftsbeziehungen gilt es im Übrigen, durch eine regelmäßige Kontrolle sicherzustellen, dass diese auch wirksam in die jeweilige Geschäftsbeziehung einbezogen werden.

Neben den vorgenannten vertraglichen Sicherungsrechte gibt es auch sog. gesetzliche Sicherungsrechte, z.B. das Vermieterpfandrecht und Werkunternehmerpfandrecht, die auch ohne vorherige vertragliche Vereinbarung ausgeübt werden können.

2. Gläubigerberatung bei Anzeichen einer Krise

Die möglichen Anzeichen einer Krise sind vielfältig. In den meisten Fällen ist das mehrmalige Ausbleiben vereinbarter Zahlungen ein Alarmsignal, das eine sorgfältige Beobachtung der weiteren Entwicklung erforderlich macht.

Risiko der Insolvenzanfechtung

Als Gläubiger sollten Sie in der geschilderten Situation das Risiko der Insolvenzanfechtung beachten: Folgt der Krise eine spätere Insolvenz auf Seiten des Kunden, so wird ein Insolvenzverwalter oder Sachwalter häufig Zahlungen, die im Stadium der Krise an Ihr Unternehmen geleistet wurden, im Wege der Insolvenzanfechtung zurückfordern. Hierdurch können sogar Vorgänge aufgegriffen werden, die bis zu 10 Jahre zurückliegen. Rückforderungsansprüche von Insolvenzverwaltern führen im Einzelfall zu existenzbedrohenden Belastungen des eigenen Unternehmens. Ist die Krise bei Ihrem Vertragspartner eingetreten, empfehlen wir unseren Mandanten zur Minimierung des Anfechtungsrisikos daher grds. folgende Maßnahmen:

  • Stellen Sie den Zahlungsverkehr auf die Leistung gegen Vorkasse um. Ist eine Vorkasse im Einzelfall nicht möglich, sollten Sie auf einem kurzfristigen Leistungsaustausch bestehen, der Zeitraum darf bei maximal 30 Tagen liegen. Die Umstellung der Zahlungsmodalitäten dient dazu, einer späteren Anfechtung durch den Insolvenzverwalter zu begegnen, da der unmittelbare Leistungsaustausch als sog. Bargeschäft (§ 142 InsO) in der Insolvenzordnung besonders geschützt ist.
  • Prüfen Sie Ihre Korrespondenz und vermeiden Sie eine Ausdrucksweise, die den Anschein erwecken könnte, der Vertragspartner habe auf unzulässigen Druck gezahlt. Insbesondere sollten Sie nicht mit einem Insolvenzantrag drohen. Vorgenannte Handlungen führen besonders häufig zu der Geltendmachung von Anfechtungsansprüchen durch Insolvenzverwalter.

Umstellung von Lieferketten und Vertragskündigung

Erwägen Sie, ob Sie durch eine Umstellung von Lieferketten eine Risikominimierung erzielen können. So kann es eine Option sein, die Ware direkt an den Endabnehmer zu liefern.
Bei dem Auftreten von Krisenanzeichen ist es überdies zu prüfen, ob zur Abwendung eines drohenden Schadens die Möglichkeiten einer Vertragskündigung besteht.
Überdies sollten Sie sicherstellen, dass die mit Ihrem Kunden vereinbarten Sicherungsrechte im Falle einer weiteren Verschärfung der Krise oder einer Insolvenz des Kunden sehr kurzfristig dokumentiert und geltend gemacht werden können.

Einbeziehung in Sanierungsverhandlungen

Gerät Ihr Kunde in eine wirtschaftliche Krise, wird er unter Umständen versuchen, im Wege der Verhandlung eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Position – z.B. durch einen Teilverzicht auf Seiten der Gläubiger – zu erzielen. Diese Verhandlungen können in außergerichtlichen Sanierungsverfahren unter Anwendung des StaRUG rechtlich sehr komplex sein. Da die Sanierungs- und Restrukturierungspläne von sehr unterschiedlicher Qualität sind und zum Teil die Interessen des in die Krise geratenen Unternehmens einseitig berücksichtigen, empfehlen wir in wirtschaftlichen relevanten Fällen eine anwaltliche Prüfung und Unterstützung.

Schutzschrift

Haben Sie greifbare Anhaltspunkte dafür, dass Ihr Kunde eine Sanierung mittels Einleitung eines Insolvenzverfahrens plant und dabei die Rechte der Gläubiger in unzulässiger Weise missachtet, haben Sie die Möglichkeit, eine sog. Schutzschrift bei dem Insolvenzgericht einzureichen. In der Schutzschrift legen Sie dem Insolvenzgericht in einem frühen Stadium Ihre Sicht der Krisensituation dar. Typischer Anwendungsfall einer Schutzschrift ist die Verhinderung einer Insolvenz in Eigenverwaltung zum Wohle der Gläubiger. Liegen Anzeichen für eine schlechte Unternehmensführung oder gar kriminelles Verhalten auf Seiten des in die Krise geratenen Unternehmens vor, ist eine Eigenverwaltung, d.h. die Verwaltung des Unternehmens durch die bisherige Geschäftsleitung, nicht rechtens und sollte daher bereits in einem frühen Stadium verhindert werden.

3. Gläubigerberatung bei einer (vorläufigen) Insolvenz eines Vertragspartners

Geltendmachung von Sicherungsrechten

Erhalten Sie Kenntnis von der Insolvenz Ihres Vertragspartners, ist in der Regel schnelles Handeln gefragt. In dem sog. vorläufigen Insolvenzverfahren wird der Geschäftsbetrieb Ihres Vertragspartners häufig fortgeführt. Sofern die Ware unter Eigentumsvorbehalt geliefert wurde, sollten Sie Ihren Vertragspartner und den vorläufigen Insolvenzverwalter unverzüglich auf Ihre Rechte hinweisen, eine Aufstellung (Inventur) der bei dem Kunden vorhandenen Warenbestände einfordern und die weitere Belieferung von einer Kooperation Ihres Kunden abhängig machen. Bei Fortsetzung der Geschäftsbeziehung sollte die Bezahlung der Ware nur noch gegen Vorkasse erfolgen.

Sofern Sie Vermieter sind, sollten Sie prüfen, ob eine Geltendmachung des sog. Vermieterpfandrechtes an Gegenständen des Mieters in Betracht kommt.

Die Erfahrung zeigt, dass bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens häufig viele Gläubiger gleichzeitig Ansprüche geltend machen. Verfolgen Sie daher zielgerichtet und konsequent Ihre Rechte gegenüber dem Insolvenzverwalter und dem insolventen Unternehmen, notfalls im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes.

Forderungsanmeldung

Ist das Insolvenzverfahren eröffnet, so können sie ihre Forderung zur Insolvenztabelle anmelden. Eine Geltendmachung der Forderung im Klagewege und Zwangsvollstreckung ist in diesem Stadium bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr zulässig. Die Anmeldung der Forderung erfolgt bei dem Insolvenzverwalter, der ihre Forderungen aufnimmt. Die eigentliche Insolvenztabelle wird bei dem Insolvenzgericht geführt.

Nach Registrierung ihrer Forderung wird die angemeldete Insolvenzforderung in einem formalisierten Verfahren durch den Insolvenzverwalter geprüft. Sofern der Insolvenzverwalter die Forderung feststellt, nimmt die Forderung am Ende des Verfahrens quotal an der Verteilung der Insolvenzmasse teil. Wurde beispielsweise eine Forderung in Höhe von EUR 100.000,00 angemeldet und beträgt die Insolvenzquote in dem Verfahren 15 %, so wird der Gläubiger bei der Verteilung mit einem Betrag in Höhe von EUR 15.000,00 berücksichtigt. Die Feststellung der Forderung ist in einem sog. Auszug aus der Insolvenztabelle dokumentiert, mit dem der Gläubiger nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens gegen den Schuldner vollstrecken kann.
Falls der Insolvenzverwalter die Forderung bestreitet, sollte der Gläubiger zunächst den Grund des Bestreitens erfragen und ggfs. durch die Vorlage weiterer Unterlagen eine nachträgliche Feststellung herbeiführen. Bleibt die Forderung bestritten, so hat der Gläubiger die Möglichkeit die Feststellung der Forderung im Wege der Klage durch eine sog. Feststellungsklage zu erwirken.

Sofern der Gläubiger über Sicherungsrechte verfügt, gibt es einige Besonderheiten zu beachten. Handelt es sich bei dem Sicherungsrecht um ein sog. Aussonderungsrecht (z.B. einfacher Eigentumsvorbehalt), so sind die Gegenstände nicht Bestandteil der Insolvenzmasse. Das Aussonderungsgut ist von dem Insolvenzverwalter an den Gläubiger herauszugeben. Liegt demgegenüber ein Absonderungsrecht vor (z.B. Sicherungsübereignung, Grundschulden), so erfolgt eine Anmeldung der Forderung in dem Insolvenzverfahren für den Ausfall unter Benennung des Absonderungsrechts. Der Gläubiger nimmt an der Verteilung in dem Insolvenzverfahren nur teil, soweit er nicht aus der Verwertung des Sicherungsgutes (z.B. eines Grundstücks) bereits befriedigt wurde. Aus diesem Grund muss der Gläubiger zu einem späteren Zeitpunkt in dem Verfahren seinen Ausfall beziffern.

Sofern Sie eine Forderungsanmeldung selbständig vornehmen wollen, steht Ihnen hierfür das hinterlegte Formular zur Forderungsanmeldung zur Verfügung. Die Anmeldung von Forderungen bei komplexen rechtlichen Verhältnissen erfordert Kenntnisse des Insolvenzrechts und macht häufig eine anwaltliche Beratung erforderlich.

Gläubigerversammlung und Gläubigerausschuss

Über die Forderungsanmeldung hinaus gibt es für den Gläubiger, weitere Möglichkeiten der Partizipation an dem Verfahren, die je nach wirtschaftlicher Bedeutung der in Rede stehenden Forderung sinnvoll sein können.
Zunächst besteht i.d.R. die Möglichkeit, sich in einem Gerichttermin (sog. Berichtstermin) persönlich über die Einzelheiten des Insolvenzverfahrens zu informieren und den Insolvenzverwalter gezielt zu Einzelheiten des Verfahrens zu befragen. Darüber können Sie grds. auch schriftliche Anfragen an den Insolvenzverwalter und/oder das Insolvenzgericht stellen und Einsicht in die Akten des Insolvenzgerichts nehmen.

In größeren Insolvenzverfahren wird darüber hinaus auch häufig ein sog. Gläubigerausschuss gebildet, der als Gremium die Interessen der Gläubiger vertritt. Sollte es im Einzelfall erforderlich sein, kann ein Gläubiger die Aufnahme in den Ausschuss beantragen, um in dem Insolvenzverfahren Kontrollrechte auszuüben. Die Beteiligung an einem Gläubigerausschuss ist insbesondere zu Beginn des Insolvenzverfahrens zu erwägen, da mit Einleitung des Verfahrens die Weichen für den weiteren Verlauf gestellt werden. Der Gläubigerausschuss hat u.a. Kompetenz, den Insolvenzverwalter abzuberufen bzw. einzusetzen, des Weiteren obliegt ihm die Kontrolle der Ausgaben und betriebswirtschaftlichen Unterlagen des insolventen Unternehmens.